Grußwort vom Landrat Rhein-Kreis Neuss

“Eine medizinische Behandlung sollte so gut wie möglich an den Wünschen und Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientiert sein. Dies gilt insbesondere im Fall schwerer, lebensbedrohlicher Erkrankungen. Häufig ist der betroffene Mensch dann nicht, oder nicht mehr in der Lage, selbst über seine Behandlung zu entscheiden. Bevollmächtigte und Betreuer sind häufig überfordert und eine Patientenverfügung, wenn sie denn vorliegt, erweist sich im Ernstfall nicht immer als hilfreich.

Ein neues Konzept soll hier Abhilfe schaffen: Das Angebot „Behandlung im Voraus Planen“ (BVP) möchte dazu beitragen, dass schwer erkrankte Menschen so behandelt und begleitet werden, wie sie das wollen. „Behandlung im Voraus Planen“ sieht vor, dass Menschen von qualifizierten BVP-Gesprächsbegleitern und ihren Hausärzten darin unterstützt werden, ihren Behandlungswillen für künftige gesundheitliche Krisen im Voraus zu klären und wirksam zu dokumentieren. Für Menschen, die in Einrichtungen der stationären Seniorenpflege oder der Eingliederungshilfe leben, kommt die gesetzliche Krankenkasse für diese aufwendige Beratungsleistung auf.

Der Rhein-Kreis Neuss verfolgt schon seit vielen Jahren und in verschiedensten Projekten das Ziel, seine Bürgerinnen und Bürger in der Verwirklichung einer selbstbestimmten Teilhabe zu unterstützen. Wir fördern daher auch aktiv die Umsetzung von BVP im gesamten Kreisgebiet durch die Brückenfinanzierung eines BVP-Koordinators und durch einen zentralen Pool von BVP-Gesprächsbegleitern am Technologiezentrum Glehn.

Mehr noch: Der Rhein-Kreis Neuss möchte sich damit bundesweit an die Spitze dieser innovativen Entwicklung zur verbesserten Patientenorientierung stellen und kooperiert daher mit einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft und begleitenden Forschungsprojekten. Perspektivisch verfolgen wir das Ziel, durch die Bildung eines regionalen BVP-Netzwerks Einheitlichkeit und Qualität der BVP-Gesprächsbegleitung und ‑Dokumentation zu gewährleisten, alle wichtigen Akteure – insbesondere den Rettungsdienst und die Krankenhäuser – mit einzubeziehen und das Angebot schließlich auch anderen Personengruppen zugänglich zu machen, für die es ähnlich relevant, aber noch nicht über die Krankenkassen finanziert ist.

Inzwischen gehört die Frage nach dem Vorliegen einer Verfügung oder Vollmacht in Kliniken und Pflegeheimen meist zum üblichen Aufnahmeverfahren. Studien und Umfragen bestätigen jedoch die Notwendigkeit eines wirksameren Vorausplanens. Wir wollen durch die strukturierte Behandlungsplanung im Rahmen von BVP die Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten verbessern und sie vor Über-, Unter- und Fehlversorgung schützen. Hinzu kommt eine psychische Entlastung der Angehörigen und der behandelnden Teams.”

Hans-Jürgen Petrauschke
Landrat des Rhein-Kreises Neuss